Krisenkommunikation ist ein wichtiger Bestandteil der Sicherheitsmaßnahmen für gemeinnützige Organisationen, Unternehmen und Privatpersonen. Sie umfasst die Planung, Vorbereitung und Durchführung von Kommunikationsmaßnahmen in Krisensituationen. Ziel ist es, Schäden zu minimieren, Vertrauen zu erhalten und die Handlungsfähigkeit der betroffenen Organisation oder Person zu gewährleisten.

Die Zahlen.

1.219 Bündnis 90/Die Grünen 
478 AfD
420 SPD
299 FDP
194 CDU
101 CSU
79 Die Linke

Nein, das sind keine Stimmergebnisse.

Das ist laut Bundesinnenministerium die Anzahl der Fälle von Angriffen gegen Vertreter von Bundestagsparteien im Jahre 2023.

Und 2024 scheint kam besser zu werden.

Prominente Beispiele waren die Angriffe auf SPD-Europapolitiker Matthias Ecke in Dresden die frühere Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey in Berlin oder auf den Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter (CDU) in Aalen.

Nicht im Deutschland, aber dennoch für weltweite Aufmerksamkeit sorgte sodann das Attentat auf Donald Trump, wobei er nur knapp dem Tod entging.

Wahlkämpfe: Unerlässlich, aber gefährlich.

Wahlkämpfe sind ein wichtiger Bestandteil politischen Handelns, da sie direkten Kontakt zu Wählerinnen und Wählern ermöglichen.

Der Wahlkampf für den Landtag in Thüringen, Sachsen und Brandenburg sowie der anstehende Bundestagswahlkampf werfen ihre Schatten aufgrund großer Verwerfungen innerhalb der Gesellschaft voraus.

In Thüringen nahm die Gewalt gegen Politiker und Politikerinnen stark zu. Angriffe auf Wahlkreisbüros waren besonders häufig, darunter auf Büros der SPD und der Grünen. Ein SPD-Politiker wurde in Waltershausen Opfer eines Brandanschlags auf sein Haus. Auch Hakenkreuz-Schmierereien an Wahlkreisbüros und physische Angriffe auf Lokalpolitiker wurden registriert.

In Sachsen kam es zu mehreren Vorfällen, bei denen Wahlkampfhelfer angegriffen wurden. In Chemnitz wurde ein Unterstützer der Grünen während des Aufhängens von Plakaten körperlich angegriffen. Ähnliche Angriffe ereigneten sich in Zwickau und Leipzig, wo Wahlkampfhelfer verschiedener Parteien angegriffen und verletzt wurden.

Auch in Brandenburg wurden Politiker und Politikerinnen während des Wahlkampfs attackiert. Beispielsweise wurden in Schöneiche zwei Kandidaten der Linkspartei von einer Gruppe Jugendlicher angegriffen.

Auch Abgeordneten- und Parteibüros der Grünen, der SPD, der Linken und der AfD waren Ziele von Angriffen.

Dabei ist klar, dass schärfere Strafen nicht für Besserung sorgen werden. Kein Täter hat sich jemals überlegt: „Für drei Jahre mach ich’s. Für sechs überlege ich‘s mir nochmal, aber bei lebenslang bin ich definitiv raus.“ Mit Blick auf den Polizistenmord in Rahmen einer politischen Veranstaltung in Mannheim und dem versuchten Attentat auf Donald Trump sollte dies jedem einleuchten.

Der Endspurt der Landtagswahlen und die mit Sicherheit nicht minder politisch und emotional aufgeladene Bundestagswahl führen jedoch dann zur Frage:

Was tun?

Ein wirklich durchdachtes Sicherheitskonzept ist selten.

Es empfiehlt sich zunächst den archisecture Vierklang der Sicherheitsmaßnahmen über jede Veranstaltung und jede Situation zu legen und den Ist- und mit dem Soll-Zustand zu vergleichen. Zu jedem dieser essentiellen Punkte des Vierklangs müssen Sie eine Antwort haben:

    • Personelle Sicherheitsmaßnahmen

    • Organisatorische Sicherheitsmaßnahmen

    • Materielle Sicherheitsmaßnahmen

    • Kommunikative Sicherheitsmaßnahmen

Personelle Sicherheitsmaßnahmen betreffen das Verhalten und die Präsenz von Personen, die in den Wahlkampf involviert sind. Dabei ist es zunächst gleichgültig, ob es sich um die Wahlkämpfer, das zu erreichende Publikum oder eben Störer oder gar Angreifer handelt.

Organisatorische Sicherheitsmaßnahmen beziehen sich auf die Planung und Durchführung der Veranstaltungen. Eine durchlässige Linienkommunikation, Sicherheits- und Notfallpläne, Koordination mit lokalen Behörden und eine klare Hierarchie in der Organisationsführung manövrieren die Wahlkämpfer im Notfall schnell und effizient durch die Gefahrensituation. Auch sorgen auch vorab festgelegte und trainierte Reaktionen für Ruhe und damit präventiv für die Konzentration auf das Wesentliche.

Materielle Sicherheitsmaßnahmen betreffen physische Gegenstände und Ausrüstung, die zur Erhöhung der Sicherheit beitragen. Beispiele hierfür sind Absperrungen, Sicherheitsausrüstung und Erste-Hilfe-Kits. Ebenso ist die Auswahl der richtigen Örtlichkeit ein gewichtigstes Pfund eines umfassenden Sicherheitskonzepts.

Kommunikative Sicherheitsmaßnahmen betreffen die Kommunikation und Informationsweitergabe nach innen und außen. Dazu gehören Informationskampagnen, klare Beschilderung und Kommunikationskanäle für Notfälle. Nicht nur verbale Deeskalationstechniken während eines laufenden Angriffs, sondern schon die Kommunikation im Vorfeld wirken sich auf die Stimmung und damit auf involvierte Personen direkt aus.

Ein Spagat zwischen Abschreckung und Geheimhaltung.

Dabei muss bei der Preisgabe der Sicherheitsmaßnahmen stets der Spagat zwischen Abschreckung und Geheimhaltung beachtet werden und hängt naturgemäß von vielen Faktoren ab. Völlig vergessen wird oft die Zuhilfenahme des Publikums zur Absicherung einer Veranstaltung.

Es ist jedoch nicht so, dass die Politiker und Politikerinnen in der Vergangenheit schutzlos gestellt wurden.

Bei den vergangenen Wahlen wurden bereits umfassende Sicherheitsmaßnahmen ergriffen, um die Sicherheit im Wahlkampf zu gewährleisten. Wahlkampfhelfer wurden in Deeskalationstechniken geschult, Sicherheitspersonal war vor Ort, um bei Bedarf schnell eingreifen zu können und Abstimmungen mit der Polizei und anderen Sicherheitsbehörden wurden immer mehr verzahnt. Absperrungen wurden genutzt, um den Zugang zu den Wahlkampfständen zu kontrollieren, und Erste-Hilfe-Kits sowie Feuerlöscher waren an nahezu jedem Stand verfügbar. Zumindest von außen erkennbar waren viele Wahlkampfveranstaltungen somit zur Zufriedenheit der Parteien „abgesichert“.

Offene Kommunikation. Eine ungenutzte Chance.

Allerdings mangelte es im Vorfeld oft an der kommunikativen Komponente.

Die Kommunikation erschöpfte sich oft in der Ankündigung an dem einen oder anderen Ort eine Veranstaltung abzuhalten. Außer Acht gelassen wurden jedoch z.B. der Aufruf an Umherstehende die Augen offen zu halten oder gar einzuschreiten.

Oft als unkalkulierbare Menschenmenge abgestempelt, setzt eine gute Kommunikation im Vorfeld sicherheitsrelevante Potentiale durch das Publikum frei. Ob digital durch eine App, eine zentrale WhatsApp-Gruppe oder eine Rufnummer oder analog durch optische Signale vor Ort. Die Teilnehmer werden zu Unterstützern in puncto Sicherheit durch Wachsamkeit und in Kommunikationskanäle eingebunden. Unerlässlich, wenn es schnell gehen muss.

Dies mag verwundern, da es nicht Aufgabe des Publikums sein sollte. Dennoch sind die angesprochenen Personen sehr wohl Teil eines effizienten Sicherheitskonzeptes.

Auch wurde versäumt zu kommunizieren, dass die jeweiligen Politiker und Politikerinnen stets Ziel von Angriffen sein könnten und sie sich in der Öffentlichkeit einer Gefahr aussetzen.

Würde dies klar kommuniziert, dann würde es einen positiven Effekt auf das Ansehen der Politiker und Politikerinnen haben.

Denn trotz einer Gefahrenlage politisch aktiv zu sein wird nur honoriert, wenn es kommuniziert wird.

Ein heldenhaftes Abtun, man wolle sich von Störern nicht vom Wege abbringen lassen, ist zwar der richtige Weg Stärke zu zeigen. Gekrönt würde es aber, wenn man die Stärken in Form der Gefahrenabwehr auch benennt – stets mit Blick auf den o.g. Spagat.

Auch muss ein Wandel im Denken angestoßen werden, dass ein hochrangiger Politiker mit seinem Sicherheitstross keine zusätzliche Gefahr, sondern eine Bereicherung für die Sicherheit aller Anwesenden ist.

Es muss kommuniziert werden, dass gerade weil z.B. der Bundesminister auf der Wahlkampfveranstaltung seiner Partei präsent ist, erhöhte Sicherheit für alle besteht.

Das wiederum stärkt auch gleich das eigentliche Ziel eines solchen Auftritts im Wahlkampf: Wählerinnen und Wähler von sich zu überzeugen und für die anstehende Wahl zu binden.

Und Sie? Haben Sie ein anständiges Sicherheitskonzept?

 

 

 

 

Über den Autor

Roman Leonhard Roch, Gründer von archisecture, ist Rechtsanwalt in den Disziplinen Strafrecht und Sicherheitsberatung für gemeinnützige Organisationen, mittelständische Unternehmen und die öffentliche Verwaltung. Jedes Mal, wenn sich seine Disziplinen kreuzten, versagten personelle, materielle, organisatorische und vor allem kommunikative Sicherheitsmechanismen. Nachlässigkeit, mangelnder Überblick und fehlende Konzepte führten zum Scheitern. Sicherheitssysteme wurden ohne durchdachte Planung implementiert, Krisenkommunikation zu spät etabliert und es mangelte an proaktiven Maßnahmen. archisecture entstand deshalb aus der Erkenntnis, dass effektive Sicherheit eine umfassende Strategie erfordert, die über die bloße Ansammlung von Sicherheitsmaßnahmen hinausgeht.

Als Rechtsanwalt verfolgte er den Anspruch: „Ordnung in Krisensituationen.“ archisecture verfolgt diesen Anspruch ebenso, allerdings noch umfassender.

Bildquelle: Mika Baumeister auf Unsplash